Wir sind gegen die Kastration von Ferkeln ohne Narkose

Kampagne Arme Schweine: http://armeschweine.at
Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2014. Einige Informationen könnten veraltet sein.

animal.fair unterstützt als Allianzpartner der Tierrechtsorganisation United Creatures deren Kampagne „Arme Schweine„. Gemeinsam wollen wir darauf aufmerksam machen, dass in Österreich jedes Jahr 2,7 Millionen männliche Ferkel in der ersten Lebenswoche OHNE NARKOSE kastriert werden. Wir haben mit Kampagnenleiter Michael Hartl über die Initiative, die Strategien und seinen persönlichen Umgangen mit solchen grausamen Fakten gesprochen.

http://armeschweine.at

Die Kastration, die an Ferkeln im Alter bis zu maximal sieben Tagen geführt werden, bedeutet für die Tiere kaum erträgliche Qualen. Der Körper wird ohne jegliche Betäubung aufgeschnitten, die Hoden werden herausgezogen und mit einer Quetschzange entfernt; danach entstehen Entzündungen, die über Tage hinweg weitere qualvolle Schmerzen verursacht. Die Schmerzmittel, die dabei oft verabreicht werden, wirken nur kurzfristig und ersetzen nicht die Anästhesie. Rund 4.000 Mal pro Tag wird so eine „Operation“ in Österreich vorgenommen.

Wie kann es sein, dass die Zufügung einer solchen Qual überhaupt erlaubt ist?

Michael Hartl: Daran ist eine Fehlinformation schuld. Längst veraltete Studien behaupten, dass die Tiere in den ersten Lebenstagen noch kein Schmerzempfindung haben. Daher wurden früher übrigens auch Neugeborene ohne Betäubung operiert.

Laut Tierschutzgesetz ist die Kastration von Schweinen nur unter wirksamer Betäubung und anschließender Verwendung schmerzstillender Mittel erlaubt. Allerdings gibt es in der  „Tierhaltungsverordnung“ eine Ausnahmeregelung, die auf dem erwähnten Irrtum beruht und sich auf Ferkel bezieht, die jünger sind als sieben Tage. Der Staat ist also aufgefordert, das Tierschutzgesetz umzusetzen und die Ausnahmeregelung abzuschaffen. Sprich: Es muss ein klares, umfassendes Verbot für betäubungslose Kastration ins Gesetz. Dass es schmerzfreie Methoden bei der Ferkelkastration gibt, wird übrigens in England, Australien, Neuseeland und der Schweiz  vorgeführt.

Methoden, die allerdings für die Züchter und Bauern mit Mehrkosten verbunden sind…

Michael Hartl: Wird der Eingriff in Narkose durchgeführt, käme das um rund 3,40 Euro bis 13 Euro teurer – für den Endverbraucher bedeutet das rund 13 Cent zusätzlich für ein Schnitzel. In Vorarlberg bekommen die Schweinemäster übrigens bereits den Tierarzt und das Anästhetikum vom Land bezahlt.

Dass die öffentliche Hand in der Umstellungszeit generell die Kosten übernimmt, wäre sinnvoll – schlussendlich müssten allerdings die Zusatzkosten nicht vom Staat, sondern vom Endverbraucher getragen werden. Schließlich wollen wir durch unsere Informationskampagne auch ein gesellschaftliches Umdenken herbeiführen.

Michael Hart und Lisa Pfleger

Kampagnenleiter Michael Hart und Lisa Pfleger, die gemeinsam auch das „Experiment Selbstversorgung“ betreiben

Du lebst vegan, auch Deine Lebensgefährtin Lisa ist Veganerin – wäre es also nicht sinnvoller, sich für ein generelles Ende der Tier“produktion“ einsetzen?

Michael Hartl: Wir haben in den letzten Jahren oft Kampagnen für Fleischverzicht oder -reduktion gemacht. Die Realität ist aber, dass Fleisch nach wie vor gegessen wird und das wohl noch Jahrzehnte lang so sein wird – und so lange diese Tatsache existiert, muss der Staat Gesetze anwenden und vor allem die Gesellschaft sensibilisiert werden.

Selbst wenn ich Vegetarier oder Veganer bin, werden Ferkel kastriert. Und für jene Ferkel, denen das passiert, kann zumindest das Leben verbessert werden.

Es wäre natürlich schön, wenn jeder nur mehr vegan leben würde – aber einfach per Gesetz die „Nutz“Tierhaltung zu verbieten, wäre kein demokratischer, sondern ein diktatorischer Prozess, der zudem zu einem riesigen Fleisch-Schwarzmarkt führen würde.

Also Aufklärung statt Verbote?

Michael Hartl: Wir brauchen Debatten, die auf Fakten beruhen und alle miteinbeziehen und nicht auf dem Freund-/Feindbild-Schema beruhen. Nur so können der Markt verändert und der Konsum reduziert werden.

Und wie verkraftest Du persönlich die Auseinandersetzung mit dem Grauen, der Lebewesen angetan wird?

Michael Hartl: Es ist mir wichtig, die Welt nicht ausschließlich negativ zu sehen, sondern auch wahrzunehmen, was alles positiv läuft.

Allein die vielen Neugründungen veganer Lokale oder Geschäfte zeigt, dass es Veränderungen gibt – schließlich gibt es keinen besseren Anzeiger für solche Entwicklungen als den freien Markt.

Klar ist das alles eine Gratwanderung, es geht mir aber vor allem darum, nicht am Negativem und dem Aktivismus zu zerbrechen.

Das heißt, mein Mitgefühl ist immer da, aber es übermannt mich nicht. Dass ich auf Grund meiner Persönlichkeitsstruktur die Dinge nüchtern betrachten kann, gibt mir die Ruhe und Möglichkeit, mich mit anderen an einen Tisch zu setzen und Kompromisse zu schließen. Und dass ich zugleich auch sehr emotionaler Mensch bin, gibt mir die nötige Kraft dazu.

Danke für das Interview, Michael Hartl!

Ausführliche Infos über die Kampagne finden sich unter http://armeschweine.at

 

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Ein Artikel von Petra
veröffentlicht am 12.05.2014
Mitbegründerin des Ethik.Guide und von animal.fair. Leidenschaftliche Köchin, Fermentista und neuerdings auch Brotbäckerin. Apropos: im Brotberuf Journalistin.

3 Kommentare

  • Renate Rose sagt:

    Es ist ein Verbrechen was Menschen Tieren antun. Die Grausamkeit ist so unerträglich! Ich kann nicht verstehen wie Leute so mitleidlos sein können. Solche Personen können sich nicht selbst lieben und sind daher auch ohne Liebe für unsere Mitgeschöpfe. Es ist einfach nur unendlich traurig! Wann ist das Zeitalter der Barbaren endlich vorbei!

    • r sagt:

      Wir verstehen Deine Verzweiflung allzu gut! Dewegen finden wir es ja so wichtig, so zu leben, dass niemand und nichts zu schaden kommt und auf konstruktive Weise möglich viel Aufklärung geleistet wird.

  • Tesar sagt:

    So darf nicht mit Tieren umgegangen werden! Es wird zeit endlich umzudenken…

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