Lichtverschmutzung – Ein unterschätztes Naturschutzproblem

Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2016. Einige Informationen könnten veraltet sein.

Lichtverschmutzung und die negativen Auswirkungen auf Menschen, Tiere und ganze Ökosysteme wird in den letzten Jahren immer wieder vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt. Im Laufe der Evolution haben sich Lebewesen an den von der Natur vorgegebenen Tag-Nacht-Zyklus angepasst. In den letzten mehr als hundert Jahren wird das ökologische Gleichgewicht von Ökosystemen und verschiedenen Organismen durch Kunstlicht aber immer öfter ge- bzw. ganz zerstört. Die Thematik der Lichtverschmutzung beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen Kunstlicht und ihren negativen und häufig noch wenig erforschten Konsequenzen. In diesem Beitrag stellen wir euch die Tragweite der Lichtverschmutzung auf die Tierwelt sowie den Menschen vor. 

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Die Erde bei Nacht

Was ist Lichtverschmutzung?

Lichtverschmutzung, häufig  auch Lichtsmog genannt, bedeuetet, dass am falschen Ort und zur falschen Zeit zu viel (künstliches) Licht vorherrscht. Die “Verschmutzung” bezieht sich auf die durch Kunstlicht veränderten natürlichen Beleuchtungsverhältnisse, zum Beispiel Mond- und Sternenlicht, aber auch komplette Dunkelheit. Mit der Entwicklung von Technik, Energie und Glühbirnen konnte der Mensch endlich auch die Nacht erobern. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts ist Kunstlicht für die Menschheit eine Selbstverständlichkeit. Günstiger Strom und leichter Zugang zu unterschiedlichen Lichtformen haben dafür gesorgt, dass heutzutage Licht sehr verschwenderisch und uneingeschränkt eingesetzt wird. In Europa und den USA zum Beispiel leben 99 % der Menschen unter einem “lichtverschmutzten” Himmel. 

Durch die Ausdehnung von Wohnsiedlungen und Industriegebieten und dem vermehrten Einsatz von Lichtreklamen und Skybeamern erlebt man nur noch selten und meist nur in entlegenen Regionen wahre Dunkelheit. Vor allem das Streulicht von Straßenlaternen weist eine enorme Fernwirkung auf, das heißt das Licht wird im weiten Umkreis von Menschen, Tieren und Pflanzen noch wahrgenommen.

Lichtradien verschiedener Straßenbeleuchtungen

Lichtradien verschiedener Straßenbeleuchtungen

Auswirkungen auf die Tierwelt

Viele, vor allem nachtaktive Tiere wie Vögel, Insekten, Fledermäuse und Amphibien sind durch die verstärkte Beleuchtung unserer Welt gestört. Bei diesen Tieren kann sich durch die zu hohe Lichtwirkung und beeinträchtigte Nachtdunkelheit ihr Hormonhaushalt, das Sexual- und Brutverhalten sowie ihre Kommunikation, Fortpflanzung und Nahrungssuche verändern. Vor allem Einzellichtquellen führen zu einem sogenannten “Fesseleffekt”, bei dem Tiere von einer Lichtquelle angelockt werden und es so häufig zu Orientierungsfehlern kommt.

Besonders Insekten gehen, angelockt von Straßenlaternen und (zu) hellen Glühbirnen in Privathaushalten oder der Industrie, zu Millionen zugrunde. Diese hohen Mortalitätsraten können langfristig nicht nur die Insektenvielfalt schädigen, sondern auch Auswirkungen auf ganze Ökosysteme haben, da viele Vogel- und Fledermausarten auf Insekten als Nahrungsquelle angewiesen sind. Auch für Pflanzen kann der Verlust von Insektenvielfalt fatale Folgen haben, da diese von Insekten bestäubt werden müssen.

Auswirkungen auf den Menschen

Auch die Konsequenzen der Lichtverschmutzung auf den Menschen dürfen nicht unterschätzt werden. Die ständige Erhellung der Welt führt zu einer verminderten Produktion des Hormons Melatonin, was häufig körperliche und psychische Erschöpfung bewirkt. Die innere Uhr des Menschen wird durch zu helles, künstliches Licht – dazu zählen auch Computer- und Handybildschirme – stark beeinflusst und teilweise sogar verändert.

Außerdem kann durch das Ende der Nacht zum Beispiel die Milchstraße in vielen Teilen der Welt kaum mehr wahrgenommen werden und in Österreich sind nur circa 10 % der Sterne noch sichtbar. Und obwohl Licht oft mit Sicherheit gleichgesetzt wird, sind diese Überlegungen wissenschaftlich nicht bestätigt. Im Gegenteil, die unüberlegte Be- und Überleuchtung führt häufig zu hohen Energiekosten, was wiederum zum Klimawandel beiträgt (hierbei ist jedoch zu beachten, dass zum Beispiel durch die Straßenbeleuchtung Gemeinden und Städte wichtige Stromabnehmer für Stromkraftwerke sind, da es sonst häufig zu Energieüberschüssen in der Nacht kommt).

Das Sternbild Orion, aufgenommen unter dunklem (links) und lichtverschmutztem Himmel (rechts)

Das Sternbild Orion, aufgenommen unter dunklem (links) und lichtverschmutztem Himmel (rechts)

Wie kann ich Lichtverschmutzung entgegenwirken?

Die rechtliche Lage in Bezug auf Lichtverschmutzung, auch und vor allem als Umweltproblem, ist im Moment in Österreich noch sehr bescheiden (obwohl einzelne Gemeinden schon wichtige Schritte dagegen unternommen haben). Europaweit ist beispielsweise Slowenien eines der führenden Länder, die bereits ein Gesetz gegen Lichtverschmutzung verabschiedet haben. Deswegen liegt es im Moment noch an jedem einzelnen, sich aktiv für eine dunklere Welt einzusetzen.

1988 wurde die International Dark Sky Association gegründet, die weltweit für den Erhalt des Nachthimmels kämpft und natürliche Nachtlandschaften wiederherstellen möchte. Es gibt auch verschiedene Projekte, die man einfach unterstützen kann um die Forschung auf dem Gebiet der Lichtverschmutzung voranzutreiben. “Globe at Night” ist ein Citizen-Science-Projekt, bei dem alle zum Sammeln von Daten über die „Verschmutzung“ des Nachthimmels beitragen können, wodurch gleichzeitig ein stärkeres Problembewusstsein geschaffen wird.

Der Verein Kuffner-Sternwarte und die Thüringer Landessternwarte Tautenburg haben das Projekt “Wieviele Sterne sehen wir noch?” gestartet. Bei diesem Projekt sollen möglichst viele Beobachter an möglichst vielen Orten beschreiben, wie viele Sterne sie am Nachthimmel anhand der Sternbilder Kleiner Wagen und Orion noch wahrnehmen. Online kann man dazu ein Beobachtungsformular ausfüllen und so den Forschern helfen, Daten zu sammeln, die von den Sternwarten ausgewertet werden.

Weitere Informationen zur Lichtverschmutzung:

Die helle Not

Das Ende der Nacht

Wie viele Sterne sehen wir noch?

Arte: Verlust der Nacht

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Ein Artikel von Yvonne
veröffentlicht am 13.07.2016

Ein Kommentar

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