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Leder – weder natürlich noch fair

Gerberei Leder
Leder ist kein Naturprodukt. Ganz im Gegenteil! Lederwaren sind meist voll mit Chemikalien, mit denen sie bei der Gerbung in Berührung kommen (etwa Chromsalze), somit sind sie auch nicht biologisch abbaubar. Natürlich können sich daraus auch mögliche gesundheitliche Beeinträchtigungen für den Träger ergeben. Weit schlimmer trifft es die Menschen, die in Gerbereien arbeiten müssen. Diese befinden sich überwiegend in Entwicklungsländern. Die Arbeitenden werden oft nur sehr ungenügend vor den toxischen Stoffen, die für die Gerbung verwendet werden, geschützt. Ausbeuterische Arbeitsverhältnisse und sogar Kinderarbeit sind gang und gäbe in dieser Branche. Ganz zu schweigen von den Giftstoffen, die über das Abwasser in Boden und Gewässer gelangen und weiteren Schaden an Mensch und Natur anrichten.
Gerberei Leder

Viel Chemie in dieser Gerberei und Färberei in Marokko. (Foto: Wikimedia Commons, anonym, CC BY-SA 3.0)

Im Ethik.Guide, dem Einkaufsführer für fairen und nachhaltigen Konsum, findest du in der Kategorie Schuhe & Taschen jede Menge Geschäfte und Labels, die Produkte aus pflanzlichem Leder oder anderen ökologischen, tierleidfreien Materialien verkaufen. Und in der Kategorie Mode sind Anbieter lederfreier Gürtel oder Handschuhe zu finden, etwa aus Kork, Ananasleder oder Recyclingmaterialien.

Ökologie

Die Lederindustrie braucht naturgemäß sehr viele Tierhäute. Für die Millionen und Abermillionen Tiere in Intensivhaltung muss sehr viel Getreide und Soja für Futtermittel angebaut werden. Allein für die Futtermittelerzeugung werden riesige Mengen Wasser verbraucht, Unmengen an Düngemitteln und Pestiziden eingesetzt. Nach der Schlachtung muss die Tierhaut haltbar gemacht, also gegerbt werden. Die meisten heute verkauften Lederprodukte werden mit Chrom gegerbt. Bei der Gerbung kommen außerdem Mineralsalze, Formaldehyd, Kohle-Teer-Wasserstoff-Derivate und verschiedene Öle, Farben und Polituren, von denen einige auf Zyanid basieren, zum Einsatz. Das führt zu einer starken Belastung der Abwässer mit organischen Verbindungen, Salzen und Schwermetallen wie Chrom, Zink, Cadmium und Arsen. Diese töten nicht nur die Mikroorganismen im Wasser sondern auch  die Fische.

Übrigens: Durch die Produktionsverschiebung in ferne Länder kommen weitere Chemikalien zum Einsatz, damit die Tierhäute auf dem langen Weg vom Schlachthof bis zur Gerberei nicht verrotten.

Mehr Hintergrundinformationen und Tipps findest du auf der Übersichtsseite von Kapitel ModeSchuhe & TaschenHeimtextilien & Möbel

Das Gerben stabilisiert die Kollagen- und Proteinfasern in den Häuten, so dass diese sich nicht mehr zersetzen, also verrotten. Das Leder ist damit aber auch nicht mehr biologisch abbaubar. Bei der Beseitigung von alten Lederschuhen, Lederjacken und Polstermöbeln fallen jedes Jahr tausende Tonnen chromhaltiger Abfälle an. Bei einer Entsorgung über Verbrennungsanlagen kann wiederum das hochgiftige Chrom VI entstehen. Bei der Sämischgerbung (Wildleder) wird traditionell (und bei hochwertigem Trachtenleder heute noch) Fischtran (vom Dorsch) verwendet. In der Regel wird heute aber auch Velourleder chromgegerbt.

Leder Tierhaut

Leder ist kein Naturprodukt. (Foto: Wikimedia Commons, Wiesmann Produktion, Source: Stahlkocher, CC BY-SA 3.0)

Gesundheit

Chromgegerbtes Leder ist nicht nur nicht kompostierbar, es enthält oft erhöhte Rückstände von Chrom. Die chemische Grundsubstanz für die Chromgerbung sind Chrom III-Salze. Es ist bekannt, daß sie in höheren Mengen Allergien auslösen können. Experten schließen nicht aus, daß sich unter bestimmten Voraussetzungen die wasserlöslichen Chrom III-Salze sogar in die wesentlich giftigeren Chrom-VI-Salze verwandeln. So wird die Entstehung von Chrom VI-Salzen in Verbindung mit menschlichem Schweiß diskutiert. Chrom VI-Salze sind hochgradig allergen und werden als krebserregend eingestuft. Trotz gesetzlich festgelegter Grenzwerte für Chrom VI in den Lederwaren ist in den Medien immer wieder von Verbrauchertests zu lesen, wo erhöhte Chrom III- und sogar Chrom IV-Rückstände in den Lederwaren festgestellt wurden.

Aber auch verschiedene Färbestoffe für Leder stehen im Verdacht karzinogen zu sein. Und selbst wenn die Grenzwerte eingehalten werden: Wollen Sie Chromrückstände in einem Kleidungsstück? Erste Anzeichen von allergischen Reaktionen auf chromgegerbte Lederschuhe sind rote Flecken, die sich zu großflächigen Ekzemen bis hin zu tiefen Rissen in der Haut ausweiten können.

Wasserverschmutzung

Das Gerben von Leder führt zu einer starken Belastung der Abwässer mit organischen Verbindungen, Salzen und Schwermetallen (Foto: Pixabay, Jemzo)

Pflanzliche Gerbung

Sie ist selbstverständlich umweltfreundlicher. Aber: Unsere Recherchen haben ergeben, dass es noch kaum kbT-Leder (aus kontrolliert biologischer Tierhaltung) gibt. Auch bei den sogenannten Ökoschuh-Firmen scheint der ökologische und ethische Anspruch erst nach dem Schlachthof zu beginnen.

Der Ethik.Guide listet in der Kategorie Heimtextilien und Möbel Anbieter von tierleidfreien Biotextilien für Schlaf- und Wohnraum, Küche und Bad sowie von nachhaltigen Stoffen und Strickgarnen .

Ausbeutung von Menschen

Die Umweltschäden durch Chromgerbung können durch eine hochentwickelte Abwassertechnik zwar begrenzt werden. Doch die Realität der globalen Marktwirtschaft sieht anders aus: Der Großteil der international verkauften Lederwaren wird in Entwicklungsländern gegerbt. Für die Konzerne hat das den Vorteil, dass dort kaum bis keine Umweltauflagen die Arbeit der Gerbereien stören. Und das Lohnniveau ist sehr niedrig: in Afrika, Lateinamerika und in Asien. Die giftigen Abwässer gelangen oft völlig ungefiltert in die Flüsse und ins Grundwasser. Die Felder in der Nähe von Gerbereien sind vergiftet. Untersuchungen haben gezeigt, dass auch die Menschen, die rund um Gerbereien leben, von den Giften in Wasser und Nahrungsmitteln belastet werden.

Ganz zu Schweigen von den in den Gerbereien beschäftigten ArbeiterInnen. Arbeitsschutzbestimmungen gibt es kaum. Die Menschen arbeiten trotz der hochgiftigen Chemikalien oft sogar ohne Atemschutz oder Handschuhe. Die Arbeitstage sind nicht wie bei uns begrenzt. Bis zu zehn Stunden und mehr atmen die Arbeitenden die giftigen, stinkenden Dämpfe ein, gehen über Böden, die von toxischen, ätzenden Chemikalien bedeckt sind. Bei den meisten Arbeitsunfällen dürfte es sich um Verätzungen handeln. Längerfristig leiden die Arbeitenden vor allem unter Asthma, aber auch Hautkrankheiten, Allergien und Kopfschmerzen. Wer krankt wird, ist meist nicht abgesichert und muss auch noch die Behandlungskosten selber tragen.

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