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Lederschuhe sind sowas von gestern – Teil 2: Vegane Alternativen

Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2016. Einige Informationen könnten veraltet sein.
Nach Teil 1 („Die globale Lederindustrie“) unserer dreiteiligen Artikelserie erfährst du heute im zweiten Teil, welche Materialen für vegane Schuhe und Taschen zum Einsatz kommen. Ein paar werden dir sicher schon ein Begriff sein. Aber hättest du zum Beispiel gewusst, dass es sich dabei neuerdings auch um Ananasfasern handeln könnte?
Ananas

Ananas. Bild: Wikimedia, J JMesserly, CC BY-SA 3.0

In den letzten Jahren wurden viele neue hochwertige Materialien, die es locker mit den Eigenschaften von Leder aufnehmen können, entwickelt. Somit erblickte der vegane Schuh das Licht der Welt und er gewinnt – das kann man bereits jetzt nach seinem relativ kurzem Bestehen mit großer Sicherheit behaupten – von Jahr zu Jahr mehr AnhängerInnen. Vegane Schuhe sind nicht einfach lederfreie Schuhe, die man beispielsweise auch bei vielen Billiganbietern findet. Diese verwenden in der Regel tierischen Klebstoff (mit Knochenmehl) und haben mit fairer Produktion nicht viel am Hut, sprich, lassen großteils in China und anderen Billiglohnländern ihre Waren produzieren. Im Gegensatz dazu verwenden vegane SchuhproduzentInnen Klebstoffe auf Wasserbasis und das Gros der AnbieterInnen produziert in Europa unter fairen und umweltgerechten Bedingungen. Klingt doch super, nicht wahr? Ist es auch! Und deshalb möchten wir euch hier die wichtigsten Materialien, die für die Produktion veganer Schuhe zum Einsatz kommen, vorstellen. Denn soviel ist schon mal klar, vegane Schuhe sind weit mehr als Plastikschuhe. Nur was bloß?

Ananasfasern

Beginnen möchten wir mit einer der vielleicht vielversprechensten Neuentdeckungen: der Ananasfaser, die zu einem Material namens Pinatex verarbeitet wird. Das umweltfreundliche Material wird aus Ananasblättern, einem Abfallprodukt der Lebensmittelerzeugung, hergestellt. Die Ananasfaser ist atmungsaktiv und zugleich wasserabweisend sowie sehr weich und passt sich gut dem Fuß an. Aufgrund ihrer Struktur ist das Material auch optisch kaum von Glattleder zu unterscheiden. Schuhe aus Ananasleder gibt es bereits beispielsweise von den Marken NAE, Po-Zu, ROMBAUT, Vegetarian Shoes  sowie von Camper und Puma. Pinatex-Taschen werden u.a. von Vegatar, Taikka, Ina Koelln, Vegemoda, Maravillas Bags und Alexandra K. angeboten.

Die „Entdeckung der Ananas“ haben wir übrigens Carmen Hijosa zu verdanken, einer 62-jährigen Designerin, die zuvor lange Jahre für die Lederbranche gearbeitet hat. Inzwischen hat sie ihr eigenes Unternehmen (www.ananas-anam.com), arbeitet eng mit philippinischen Erzeugerkooperativen zusammen und produziert in Spanien mehr als acht Tonnen Pinatex pro Jahr. Einen Bericht über das neue Material und ihre Erfinderin strahlte kürzlich Arte-TV aus (Pflanzenleder aus Ananas).

Hanf

Hanf_commons.wikimedia.org_c-SaxoDer Anbau von Hanf benötigt keine Pestizide. Hanf ist einerseits weich und anderseits widerstandsfähig – dreimal mehr als Baumwolle. Dank seiner Hohlfaser erweist sich der Hanf als kühl im Sommer und – sofern gekonnt verarbeitet – als warm im Winter. Hanf ist ebenso wasserabweisend, daher auch für leichte Regentage geeignet. Meist ist bei Hanfschuhen das Innenfutter aus Baumwolle, da sich diese Materialen hervorragend ergänzen und der Schuh so sehr bequem wird. Die veganen Schuhmarken Risorse Future und Good Guys arbeiten beispielsweise sehr gerne mit Hanffasern.

Brennnessel

Brennnessel ist ähnlich wie Hanf sowohl für den Sommer geeignet, da kühlend, als auch für den Winter, da ebenso wärmend. Italienische vegane Hersteller bearbeiten diese Faser so professionell, dass sie nicht nur wasserabweisend, sondern sogar wasserdicht ist.

Jute

Jute ist eine sehr umweltfreundliche Faser. Jute unterliegt nicht denselben industriellen Verarbeitungen wie Baumwolle und das für die Weichmachung der Faser beim Webprozess verwendete Wasser wird lediglich gesprüht, während die Baumwolle gewaschen, gekocht und gebleicht werden muss.

Suberis bzw. Sughero

Suberis ist eine italienische geschützte Materialerfindung. Es handelt sich dabei um ein Material, das aus Kork gewonnen wird. Kork ist vollkommen öko-fair: Für die Produktion werden keine Bäume gefällt, von den Eichen wird lediglich die Rinde entfernt, die nachwächst und neun Jahre später wieder abgenommen werden kann. In allen Arbeitsphasen werden Naturmaterialen verwendet und Naturverfahren angewandt. Auch das Abfallmaterial ist umweltfreundlich und verursacht keine Verunreinigung und Verseuchung. Suberis kann für die Herstellung von veganen Schuhen, Taschen, Kleidern, Tapeten, Möbel und noch vieles mehr verwendet werden.

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Korkeichen auf Sardinien. Bild: Wikimedia, Alessandro Vecchi, CC BY-SA 3.0

Für die Herstellung von veganen Schuhen werden Korkblätter mit einem Durchmesser von einigen Fraktionen von Millimeter verwendet, welche auf Baumwolle geklebt werden. Schuhe aus Kork sind wasserdicht, antibakteriell und antiallergisch. Die Oberfläche hat einen hohen Grad an Elastizität und thermoisolierende Eigenschaften.

Biokunststoff Api

Der Biokunststoff Api wird vorzugsweise für die Herstellung der Sohlen veganer Schuhe verwendet. Api ist ein innovatives Material, das die typischen Eigenschaften des normalen Kunststoffs mit einer extrem schnellen Abbaufähigkeit vereint. Es ist ein Nebenprodukt des Zuckerrohrs, das in der Luft und im Wasser dieselbe Lebensdauer und dieselbe Widerstandsfähigkeit gegen Abnutzung aufweist, ebenso dieselbe Weichheit wie die des Kunstoffes von herkömmlichen Sohlen. Keine Angst, die biologische Abbaubarkeit wird nicht bei der täglichen Nutzung und auch nicht im Schuhkasten von einem Jahr zum anderen aktiviert. Der Prozess des biologischen Abbaus beginnt erst mit der Kompostierung. Dann beginnt sich Api zu zersetzen und verwandelt sich in Kohlendioxyd, Wasser (oder Methan), Mineralsalze und Biomasse.

Leinen bzw. Flachs

Seit dem späten 19. Jahrhundert wurde Leinen in der Textilindustrie fast völlig durch Baumwolle verdrängt, gewinnt aber seit dem Ende des 20. Jahrhunderts als ökologische Naturfaser wieder an Bedeutung. Die Faser ist von Natur aus schmutzabweisend und fast antistatisch. Leinen ist einerseits kühlend, andererseits auch trocken wärmend. Deswegen wird das Gewebe gern für Sommerbekleidung eingesetzt. Die Leinenfaser ist sehr reißfest und langlebig. Die sehr starke Faser hat einen natürlichen Glanz und muss im Gegensatz zu Baumwolle nicht nachgestärkt werden. Die Leinenproduktion ist außerdem im Unterschied zur Baumwolle auf sehr wenig Chemikalieneinsatz (Dünger, Pestizide) angewiesen.

Microfaser und Alcantara

Unter Microfaser können sich die meisten von uns nicht wirklich etwas vorstellen. Dabei handelt es sich um ein wirklich tolles und unentbehrliches Material für die moderne Schuhproduktion, welches inzwischen weitaus bessere Eigenschaften als Leder erzielt. Also keine Angst vor Microfaser – im Gegenteil! Microfaser ist eine Zusammenfassung aus Fasern, die sehr fein und dünn sind. Microfasern sind sehr weich, aber auch sehr formbeständig und robust. Sie  können aus synthetischen oder natürlichen Werkstoffen gefertigt werden. Inzwischen sind äußerst hochwertige Microfasern auf dem Markt, die im Vergleich zu Leder viel besser abschneiden, was die Atmungsaktivität, Flexibilität, Strapazierfähigkeit und auch die Schmutzempfindlichkeit betreffen. Und die Herstellung von Microfaser ist auch weitaus umweltfreundlicher als die von Leder. Beispielsweise ist der Zulieferer von Opifico V. ein so genannter Nullemmissions-Betrieb in Italien.

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Alcantarastoffe. Bild: Wikimedia, Fabrizio Marco, CC BY-SA 3.0

Bei Alcantara handelt es sich um eine hochwertige Mikrofaser (basierend auf Polyester und Polystyrol), die unter diesem geschützten Namen in Italien produziert wird. Der vegane Schuhhersteller Opivifio V verwendet sie beispielsweise für sehr viele seiner Modelle. Ansonsten kommt Alcantara auch häufig für Möbel oder Automobilinnenausstattungen zum Einsatz. Im Vergleich zu Leder ist Alcantara atmungsaktiver und weitaus weniger pflegebedürftig.

Texon Cotton

Dieses Material wird oft für das Fußbett verwendet. Das aus 100 Prozent reiner Baumwollzellulose und Latex bestehende Material ist atmungsaktiv, besitzt eine hohe Widerstandsfähigkeit, ist waschbar und biegsam, schweißaufsaugend und schützt vor Geruchsbildung.

Polyurethan und Lorica

Polyurethan ist ein auf Erdöl basierender Kunststoff. Die englische Marke Beyond Skin verwendet ihn beispielsweise häufig bei ihren veganen Schuhen und schreibt dazu auf ihrer Website: „Although PU (polyeurothane) is made from petrochemicals, turning animal hides into leather is a much more energy intensive, nasty and polluting practice.“ Lorica ist wiederum eine italienische Erfindung und zwar eine Mischung aus  Zellulose-Mikrofasern, Polymid und Polyurethan.

Recycelte Pet-Flaschen

Recycelte Pet-Flaschen kommen bei veganen Schuhlabels immer wieder zum Einsatz, so zum Beispiel bei NAE und Beyond Skin.

Klebstoffe auf Wasserbasis

Vegane HerstellerInnen verwenden einen Klebstoff auf Wasserbasis. Damit wird sogar eine bessere Qualität des Endprodukts erreicht, da dieser Klebstoff einen gleichmäßigen “Schleier” auf Wasserbasis bildet. So kann die Dichte zwischen dem Fußbett und dem Obermatial verringert und eine höhere Biegsamkeit des Schuhs erreicht werden.

 

Übermorgen erscheint der dritte und letzte Teil dieser Serie, in dem wir euch ausgewählte vegane Schuhlabels vorstellen werden.

 

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Ein Artikel von Doris
veröffentlicht am 9.11.2016

2 Kommentare

  • Keith sagt:

    Die Schuhe aus Pinatex sind wirklich super. Ganz neu für den Herbst/Winter sind Boots von NAE. Bisher gab es ja nur Sneaker. Ich habe mal getestet wie die Schuhe aus Wasser reagieren. Schaut selbst
    https://www.youtube.com/watch?v=nwNlYiUtnHM

    • Doris sagt:

      Danke! ja sieht sehr wasserfest aus!

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