Faire Hardware? Teil 2: Die Produktion

Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2018. Einige Informationen könnten veraltet sein.
Wer produziert eigentlich unsere Elektrogeräte? Und unter welchen Bedingungen? Unser Gastautor Matthias Haberl, Mitarbeiter von Südwind, thematisiert im zweiten Teil unserer Artikelserie zu fairer Hardware die Bedingungen in der Fertigungsindustrie in Asien.
Die Arbeitsbedingungen in Elektronikzulieferfirmen sind nach wie vor schlecht. Infografik: Südwind

Die Arbeitsbedingungen in Elektronikzulieferfirmen sind nach wie vor schlecht. (Infografik: Südwind)

Elektrogeräte werden zu einem Großteil in Asien zusammengebaut: Computer und Handys hauptsächlich in China; Zulieferbetriebe, die einzelne Komponenten herstellen, sind auch in vielen anderen asiatischen Staaten zu finden. Die Hauptkritikpunkte liegen ähnlich wie beim Abbau der Rohstoffe (siehe Teil 1 dieser Serie). Große Firmen haben sich zwar zur Responsible Business Alliance zusammengeschlossen: Ernsthafte Versuche, die Arbeitsbedingungen der vielen Millionen betroffenen ArbeiterInnen zu verbessern, lassen sich aber vermissen. Während die Gewinnmargen von Computern und Handys enorm sind, stagniert das Gehalt der ArbeiterInnen in Zulieferbetrieben z.B. bei Foxconn seit 2012 bei 300 €/Monat. Diese Information haben wir von unserer Partnerorganisation SACOM in Hongkong, die u.a. für Monitoring in der Elektronik-Industrie zuständig ist. In den Produktionsfirmen der Handymarke Shiftphone, die laut eigenen Angaben versucht, die Arbeitsbedingungen der betroffenen Menschen zu verbessern, erhalten die ArbeiterInnen mindestens 410 € – es ist also möglich, mehr zu bezahlen!

Die vielfältigen Missstände in den Produktionsstätten

Die Probleme in den Produktionsstätten sind so massiv und vielfältig, dass im folgenden nur eine Übersicht der gröbsten Missstände gegeben wird, ohne in die Tiefe gehen zu können:

  • Geringe Löhne, die nicht zu einem würdigen Leben reichen.
  • Einsatz von gesundheitsschädlichen Chemikalien (Im Film „Death by Design“ wird eine Aktivistin zitiert, dass die Schutzkleidung und Atemmasken nicht vorrangig dem Schutz der ArbeiterInnen dient, sondern dem Schutz der Geräte vor Verunreinigung durch die ArbeiterInnen.)
  • Unzureichende Schulung und Aufklärung der ArbeiterInnen in Bezug auf Gefahren und Gesundheitsgefährdung in ihrer Arbeit.
  • Rekrutierungsorganisationen, die mit falschen Informationen und zu überteuerten Konditionen ArbeiterInnen für die Firmen anwerben.
  • Einsatz von migrantischen ArbeiterInnen, die dann noch abhängiger vom Umfeld der Firma sind.
  • Abnahme von Identitätsdokumenten durch den Arbeitgeber, was rechtswidrig ist.
  • Enormer Druck auf die ArbeiterInnen.
  • Gewerkschaften sind entweder verboten oder von der Geschäftsleitung korrumpiert.
  • Massive Umweltverschmutzung, die auch die Menschen in den betroffenen Städten und Regionen betrifft und fehlende Sanktionen den Firmen gegenüber.
  • Körperliche und psychische Gewalt gegen die ArbeiterInnen.
  • Studentische Zwangsarbeit, um gesetzliche Mindestlöhne zu umgehen.
  • Überlange Arbeitszeiten, die gemeinsam mit den Anforderungen zu Ermüdung und teilweise Einschlafen während der Arbeit führen.
  • Fehlende oder unzureichende Entschädigungszahlungen der Firmen für kranke ArbeiterInnen oder für Familien von ArbeiterInnen, die aufgrund der Arbeitsbedingungen Selbstmord begangen haben.
  • Kein Zugang für Monitoring-Organisationen.

Wir könnten diese Liste leider noch fortführen. Die Gewinne machen die großen Konzerne, die über diese Probleme Bescheid wissen und am ehesten die Hebel hätten, etwas zu ändern. Vor allem, weil die wichtigsten Unternehmen in der Responsible Business Alliance zusammengeschlossen sind und darum gemeinsam bessere Arbeitsbedingungen sowie die Einhaltung strengerer (Umwelt-)Standards einfordern könnten!

Da von Unternehmensseite hier nur wenige konkrete Schritte gesetzt werden, verlangen zivilgesellschaftliche Organisationen wie Electronics Watch, goodelectronics, SACOM oder auch Südwind eine Öffnung der Firmen für Monitoringorganisationen, um Transparenz zu schaffen und wenigstens auf Rechtswidrigkeiten hinweisen zu können! Wobei: Selbst wenn sich Firmen an geltendes, nationales Recht halten, heißt das leider noch immer nicht, dass dies den ArbeiterInnen ein würdiges Leben ermöglicht.

 

Was also tun? Auf unsere Handlungsoptionen als KonsumentInnen gehen wir im letzten Teil unserer Artikelserie ein. Zunächst einmal folgen wir den Elektrogeräten aber bis zu ihrem Ende – an Schrottplätze, die oft in asiatischen oder afrikanischen Länder zu finden sind. 

Südwind beschäftigt sich seit Jahren mit vielen Fragen und Aspekten rund um elektronische Geräte.

Weitere Infos, Grafiken und Links finden Sie unter www.suedwind.at/rohstoffe

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Ein Artikel von Matthias Haberl
veröffentlicht am 27.08.2018
Matthias ist Mitarbeiter von Südwind
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