Faire Hardware? Teil 1: Der Rohstoffabbau

Artisanal mining: Kupferabbau in der DR Kongo. Foto: Fairphone, CC BY-NC-SA 4.0 via FlickR
Achtung, dieser Post ist bereits aus dem Jahr 2018. Einige Informationen könnten veraltet sein.
Ob Smartphone, Laptop oder Kamera: Fast jeder von uns besitzt mittlerweile eine Vielzahl technischer Geräte. Aber wo kommen die Rohstoffe dafür her? Wer produziert sie? Und was passiert mit ihnen, wenn wir sie gegen neue Geräte austauschen? Unser Gastautor Matthias Haberl, Mitarbeiter von Südwind, wird uns in einer vierteiligen Artikelserie die Wege unserer geliebten Alltagsgegenstände näherbringen. Südwind beschäftigt sich seit Jahren mit vielen Fragen und Aspekten rund um elektronische Geräte.
Rohstoffabbau

Zur Herstellung von Elektronikprodukten wird eine Vielzahl unterschiedlicher Rohstoffe benötigt, deren Abbau und Handel oft zu Menschenrechtsverletzungen, Konflikten und Umweltzerstörung beitragen. (Grafik: Südwind)

Elektrogeräte durchlaufen komplexe Produktionswege. Sie sind deutlich komplizierter und intransparenter als jene von andere Produkten wie z.B. Kaffee, Plastik oder auch Kleidung. Das macht es so schwierig, für Elektrogeräte Zertifikate wie das Fairtrade-Siegel zu vergeben.

Die metallenen Rohstoffe für unsere Elektrogeräte stammen zum großen Teil aus Lateinamerika, Asien oder Afrika. Dabei lässt sich zwischen zwei Arten von Rohstoffabbau unterscheiden: Das ist zum einen der hochtechnologisierte Abbau durch große Konzerne, die je nach Rohstoff meist aus Europa, Nordamerika, China oder Australien kommen. Dorthin fließt dann auch der größte Teil des Profits. FacharbeiterInnen kommen ebenfalls großteils von dort und der lokalen Bevölkerung bleibt nur relativ wenig vom erwirtschafteten Gewinn.

Die zweite Art ist artisanal mining. Das ist ein meist informeller Sektor, in dem unter höchst gefährlichen Bedingungen von meist jungen Männern mit einfachsten Mitteln gearbeitet wird. Immer wieder werden diese Menschen aus irgendwelchen Gründen in diese Arbeit getrieben, z.B. weil sie von großen Konzernen von ihrem Land vertrieben wurden oder weil sie ihre landwirtschaftlichen Produkte nicht mehr gewinnbringend verkaufen können. Jedenfalls ist ein wesentlicher Grund Armut, der die Menschen zu MinenarbeiterInnen macht.

Rohstoffabbau

Artisanal mining: Kupferabbau in der DR Kongo. (Foto: Fairphone, CC BY-NC-SA 4.0 via FlickR)

Die Arbeit in den Minen ist häufig ein (lebens-)gefährlicher Job, bei dem Unfälle an der Tagesordnung sind, aber auch langfristige Krankheiten, wie z.B. die Staublunge, weit verbreitet sind. Je nach Land ist die Arbeit teilweise verhältnismäßig gut bezahlt – das zu verallgemeinern wäre aber auch eine Falschinformation. Außerdem ist das Einkommen oft unregelmäßig, weil es speziell im artisanal mining auf Glück ankommt, ob eine gewinnbringende Ader gefunden wird oder nicht.

Im folgenden Video erzählt Flavio von der Arbeit in einer Mine in Bolivien:

Auswirkungen auf die Umwelt

Die Auswirkungen für die lokale und regionale Bevölkerung durch Minen ist enorm. Durch die verwendeten, giftigen Chemikalien wird das Wasser verseucht und Menschen in einem großen Umfeld sind durch Krankheiten und eine vergiftete und reduzierte Fauna und Flora betroffen. Durch den Zuzug von Minenarbeitern oder großen Konzernen verändern sich soziale Strukturen, wenigen GewinnerInnen stehen viele VerliererInnen gegenüber, die oft relativ machtlos sind. Nicht selten sind Menschen von Zwangsumsiedelungen betroffen, um Raum für die Minen zu schaffen. Die Regionen erholen sich sogar nach der Schließung von Gruben nur langsam von den enormen Schäden, darum setzen sich viele lokale Organisationen, teilweise mit Unterstützung von europäischen NGOs, auch für die Schließung von Minen ein oder sie versuchen das Eröffnen neuer Minen zu verhindern.

Zwangsarbeit und Korruption

Wir haben in diesem Artikel noch nicht von Zwangsarbeit in den Minen gesprochen oder vom Profit, der in manchen Regionen in den Aufbau von Armeen fließt. Die Republik Kongo und der Abbau von Koltan (Tantal) ist hier ein bekanntes Beispiel. Wir haben auch noch nicht Korruption erwähnt oder die Kriminalisierung von zivilgesellschaftlichen, lokalen Gegenbewegungen. Auch noch nicht erwähnt wurde die Wasserknappheit, die durch die Minen entsteht oder der ungemein hohe Energieverbrauch. Es gäbe also noch viel mehr zu sagen…

 

Im nächsten Teil dieser Serie erfahrt ihr mehr über die produzierende Industrie für Elektronikgeräte, die meist in Asien liegt. Diese ist auf den ständigen Nachschub von Rohstoffen angewiesen. In den meisten Fällen wissen die Produktionsfirmen gar nicht, aus welchen Minen die Stoffe kommen, die sie beziehen. Das liegt an der Intransparenz von Rohstoffbörsen und an vielen ZwischenhändlerInnen, die das Nachvollziehen von Verkaufswegen derzeit so gut wie unmöglich macht. Darum ist eine wesentliche Forderung von zivilgesellschaftlichen Organisationen in dem Bereich eine maximale Transparenz auf allen Stufen der Produktion.

Südwind ist eine entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisation, die sich neben vielen anderen Themen seit vielen Jahren mit Fragen und Aspekten rund um elektronische Geräte beschäftigt. Südwind ist Mitglied der österreichischen AG Rohstoffe und international mit vielen Organisationen in dem Bereich vernetzt.

Weitere Infos, Grafiken und Links unter www.suedwind.at/rohstoffe

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Ein Artikel von Matthias Haberl
veröffentlicht am 26.08.2018
Matthias ist Mitarbeiter von Südwind
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